2001 Poppäa – Tanztheater frei nach Claudio Monteverdi
Poppäa galt als die „schönste Frau ihrer Zeit“. Sie war erst mit Ottone und im Jahre 62 n.Chr. mit Nero verheiratet. Mit ihrem Status der Kaisergattin von Rom beschloss sich ihr Leben bereits nach drei Jahren Ehe – sie verstarb frühzeitig. An ihrem Tod soll Nero selbst beteiligt gewesen sein. Trotzdem, oder gerade deshalb, ließ er sie nicht wie damals üblich verbrennen, sondern „um ihrer Schönheit willen“ einbalsamieren. Derart mumifiziert wurde Poppäa als Göttin unter die Götter versetzt. Die 1642 in Venedig uraufgeführte Opernbearbeitung des historischen Stoffs von Claudio Monteverdi beschränkt sich auf die Liebesgeschichte zwischen Nero & Poppäa. Die daraus resultierenden turbulenten Wechselspiele der Ränke und Gefühle erstrecken sich über ein Geflecht von 14 Personen plus zahlreichen Hofstaatlern, Soldaten, Zechern und Volksleuten. Monteverdis Version mündet schließlich im Happy End, der großen Hochzeit, eben der „Krönung der Poppäa“.
In der Inszenierung des Lalun Ensemble erfährt das Portrait der Poppäa eine zeitgenössische Ästhetik. Die Bearbeitung hält sich an die formale Struktur des Opernlibrettos – Einteilung in drei Akte sowie Szenenabfolge wird übernommen. Die inhaltliche Spur allerdings weicht im Verlauf des Stücks vom Original zunehmend ab. Die Poppäa des Jahres 2001 kann kein glückliches Ende nehmen- welche Formen aber nimmt sie statt dessen ein?
Die 5 TänzerInnen des Lalun Ensemble sind Pendelnde. Sie schillern, nicht nur zwischen polar angelegten Charakteren, auch ihre Haltung als Performende changiert in der Theatralisierung zwischen Tanz, Performance und Schauspiel.
Natürlich stets im Namen der Liebe! Das Portrait der Poppäa ist ein schillerndes, in dem elegante Naivität und laute Sehnsucht Hand in Hand tanzen.
Pressestimmen zu Poppäa – Tanztheater frei nach Claudio Monteverdi
Lebendiges, sinnliches, körperbetontes Theater– Furioses Solo und Spitzentanz
Lebendig, körperbetont und sinnlich: das war auch das Tanztheaterstück „Poppäa“, das im Theater im Depot zu sehen war… Küppers erzählt die Geschichte mit ironischem Unterton und lässt die Tänzer alle Register ziehen- vom Spitzentanz bis hin zu athletischen Sprüngen, vom gefühlvollen Pas de deux über Slapstick-Verrenkungen bis hin zur Cha-Cha-Cha-Polonaise. Das wunderbare Ensemble arrangiert sich zu hübschen Sitzgruppen vor dem Videogerät, in dem der Frage nach dem erotischen Mysterium ebenso nachgegangen wird wie es das Geschehen außerhalb des Raums auf die Bühne holt. Umwerfend die Räkelszene auf dem Sofa. Zumal Gudrun Lange als Poppäa besticht mit Körpergefühl und Bühnenpräsenz.
Annegret Wiegers, WAZ vom 27.4. 2001
Frei nach Monteverdi
In einer „frei-nach“-Bearbeitung jagt das Lalun Ensemble Akteure wie Stück in einem rasanten Tanztheater in den Overdrive: „Poppäa“, heutig, nah, lebendig, im ergreifenden Sinne poppig.
Wolfgang Schlüter, Bonner Generalanzeiger vom 22.1. 2002
Fortuna bekämpft Amor
Diese Poppäa ist … kein elfenhaftes Wesen, sondern eine ganz lebenslustige Frau, die von der großen Liebe träumt…Schließlich ist es ihre Show…Aus der aufwändigen barocken Oper Monteverdis ist in der Inszenierung von Claudia Küppers eine zeitgenössische Beziehungsgeschichte geworden… Ottone will mit Poppäa über die gescheiterte Beziehung sprechen. Heraus kommt aber nur ein „lass verlass mich, lass mich nicht“. Auch Oktavia verzweifelt daran, dass sich ihr Kaiser eine Neue gesucht hat und spielt mit Mordgedanken. Eine Amorine mit Glitzer-Shirt und Schaumstoffflügeln hat derweil alle Hände voll zu tun, damit der Run nach dem persönlichen Liebesglück nicht in eine Katastrophe nähren… Das Lalun Ensemble setzt die aufgewühlte Gefühlslage der Charaktere tänzerisch eindringlich um.
Da wird gerudert, konstant um eine sichere Position gerungen, von einem Zustand in den anderen geglitten, um doch nur ein momentanes, labiles Gleichgewicht zu finden. Jeder hetzt und rennt seiner Liebe hinterher, kämpft auf seine Weise, aber nichts reicht aus oder beruhigt wirklich. Auch nicht die
Party, bei der alle mal den DJ machen dürfen und sich kaiserlich amüsieren.
Jutta Saum, NRZ vom 30.10. 2001
Wechselspiel aus Trennung, Hass, Versöhnung
Küppers gelingt es, in ihrer Tanzperformance alle Facetten des menschlichen Miteinanders mit Elementen der Performance, Improvisation und Videokunst ideenreich umzusetzen… Das Publikum ist mitgerissen von den beeindruckenden Tanzsoli der fünf Künstler, den Schauspiel-, und Slapstick-Einlagen. Küppers hat Monteverdis Oper modernisiert, nicht rekonstruiert. Das karge Bühnenbild mit Sofa, Säule und einem Fernseher, über dessen Bildschirm zeitweise Videoinstallationen flimmern und italienische Schlager transportieren das Beziehungsdrama in die Gegenwart… Nach eineinhalb Stunden wird es finster auf der Bühne, das Publikum applaudiert, trampelt vor Begeisterung mit den Füßen. Was bleibt, sind Gedanken über Liebe, Hass und Versöhnung.
Neue Ruhr Zeitung vom 12.11.2001
Konzept/Dramaturgie | Claudia Küppers |
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Tanz /Performance | Gudrun Lange, Norbert Schwillo, Manuela Stüßer, Erik Tepal, Carolina Zimmermann |
Szenographie/Dramaturgie | Suse Scheiber |
Video | Dirk Poerschke |
Kostümbild | Margit Koch |
Licht | Gernot Schmiedberger |
Musik | Auszüge aus „L‘Incoronazione di Poppea“, Leitung: René Jacobs, Montpellier, 1990 und Adriano Celentano, Nilla Pizzi u.a. |
Foto | Nicole Rosemann,Tania Walck |
Produktion: Lalun Ensemble und Forum Freies Theater
In Koproduktion mit dem Ringlokschuppen Mülheim
Gefördert durch: Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf, Stiftung Kunst und Kultur des Landes NRW und das Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW